Montag, November 11, 2013

Gestammelte Laute / endlose Schreie

Im Theater gibt es nicht nur Sprache im Wortsinn, nein, es gibt auch Sprache im archaischen, lautlichen oder tonhaften Sinn.
Das wissen wir frühestens seit der griechischen Praxis der Klagelaute in der antiken Tragödie oder auch seit Artaud's Theorie eines Theaters der Grausamkeit und den Experimenten, die Peter Brook und viele Andere mit dieser Theorie angestellt haben.
Aber es ist eine zeitlose Idee und: Etwas total Faszinierendes. Warum? Weil durch die lautliche Ebene tiefere Schichten des Bewusstseins freigesetzt und ausgedrückt werden können. Die Affenartigkeit auch noch des urbanen Menschentiers freizulegen, seinen Bezug zu den Eingeweiden: viszerale Macht des Instinkts. Aber wozu würde das führen?
Man stelle sich einen Schrei vor, der alles Leid der Welt umfasst, allen kreatürlichen Schmerz enthält. Dann macht man einen Theaterabend daraus. Eine Choreographie nackter Körper, die im Veitstanz über die Bühne krampfen und zuckend archaische Laute oder heisere, endlose Schreie von sich geben. Dazu Trommeln, elektrische Klangcollagen und verzerrtes Nachrichtengeplapper. Puppen, die ihre sklettigen Finger ausstrecken und die ganze Zeit klappern, ein einziger, riesiger Alptraum von fünf Stunden Länge, der bei Hunderten Zuschauern Traumata hervorrufen würde, Theaterfolter, bis die Zuschauer mitschreien....
Ja, es ist eine faszinierende Idee, aber: die Menge macht das Gift.

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