Mittwoch, Oktober 26, 2016

beschreibungen 3 /261016 betonflanieren

Urbanität. ... Sturmtief über Europa, Erdbeben in Südamerika, schmelzende Polkappen. Den Blick wegnehmen, das Planetare ausblenden. Roter Wald, kahle Äste, Herbst wird Winter ... Winter wird Sommer, ... reduziere die zyklischen Bewegungen auf Null. Das ewige Jetzt, es realisiert sich. Urban. Urbanität frisst Natur, frisst den Menschen ...
(Auf. In die Städte, da ist Arbeit. Das wussten sie. Und das Leben, ja, das Leben, das Leben in der Situation selbst, das ist städtisch. Das wussten sie auch schon.)
... Die Horizonte aus Beton, die nehmen uns den unendlichen Himmel weg. Uns Himmelsseglern, goldstolzen Herren, stört das. Man sollte den Beton niederreißen, den Dunst, Smog, wegsaugen, damit wir die Sterne wieder sehen können. Hier kann keiner mehr Held sein, Poet, Zauberer.
Nur: Graue Gesichter, die graue Gesichter anstarren. Aus den urbanen Strömen herausragende Protomen, rückwärts vogelschnäbelig wären sie. Mit etwas Fantasie. Nie lachende, verzerrte, solipsistische Masken, Munchs Schrei schreit tausendfach. Die modernen Menschen sind vereinzelte, wirre Individuen, Atome, die um einander kreisen und sich nie erreichen ...
... Überall schreit Es nach Geld, was sieht der monetäre Mensch im Spiegel? Den Betrug. Den Betrüger, der sich nicht traut, in seine eigenen Augen zu sehen, weil er blind ist. Betriebsblind. Sportautobabies bekommen kein Hartz-IV ...
... Flaneure, die sich die Zeit vertreiben wollen, einkaufen. Damit die gnadenlose Gewissheit des Todes sie aus den ewigen Klauen lässt. Es ist die letzte Maske, die letzte, leere Kopie der Fassade, die sie stört ... tanzen, singen, f*cken, bis der Vorhang fällt ... nur sinnloser Spaß, affektiert, flapsig ... weil der Knochenmann wartet ... eschatologisch flanieren die Leute dem Rand weg, überbrücken den Riss im Gefüge mit etwas zu schnellen Schritten, etwas zu lässig, irrwitzig mischfühlig. Menschen, die allen Geist verlieren, auf alles Leben verzichten müssten, senkten sie nur den Blick. Hyperaktivität schützt vor Ent-Hauptung. Das ist, was sie glauben, doch es ist kein Stress im Malerlicht. Cezanne rotierte nicht, er schaute. Bis ihm die Augen heraustraten. So Leute sind so. Die Anderen wollen nur ihren Blick in den Orakelschrein des zukünftigen Leids betäuben, möglichst viel lärmen und bewegen. Die letzte Maske vermeiden. Es gibt sie hier nicht. Der Fallstrick ist die Vorstellung, das Imaginäre des Nichts. Welches wartet. Während alle SIND, sind sie sicher. ...
 ... Sicher sind sie auch im Blick, ja: Eine Mätrice trinkt Tee mit der Freundin, was ihr einfällt, ist:
-Sie ist ein Dirnenkind, grinst jeden an, grell, etwas zu dick, was habe ich von der?-
Sie sitzt da, verschwindet hinter ihrem Blick,  lässt. Ihn. Unbewusst. Abgleiten. Von ihr weg. Er gerät in das Auge eines Mannes. Dem es dadurch tränt. Er blinzelt: das Blickverhältnis fällt zurück in seine Teile.
-Was habe ich getan, das Sie mich anstarren?
-Gar nichts. Ich wollte mir so helfen.
Straßenaufwärts: ... Die Bettler knien in demütiger Serie vor den Hastigen. Wer kniet vor den Bettlern?
-Ich habe zwölf Stunden mich klein gemacht. Jetzt darf ich essen. Mein Recht ist das des Armen, der euch anklagt, wegen Verschwendung und Verrat. Was mich stört, ist eure Mast, was ihr zu viel habt, wollt ihr für euch.-
Abends, hochklappen der Bürgersteige: Im Eilen der Kaufleute, wie sie ihre Läden schließen, verrät sich schon ihr Fernsehprogramm. Bier und Chips. Und vergessen. Die Bettler sind schon gegangen. City black.




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